MITTWOCH, 16.45 UHR

Er trommelte mit den Fingern der rechten Hand ungeduldig auf den Tisch, sein Blick hatte etwas Bedrohliches. Er hatte die Krawatte gelockert, der oberste Knopf seines weißen Hemdes stand offen. Seit zehn Minuten saßen sie zu dritt beisammen und diskutierten. »Wie kommen wir an ihn ran?«, fragte er mit gefährlich leiser Stimme.

»Woher sollen wir das wissen? Er ist uns bei Bruhns zuvorgekommen und jetzt ...«

»Das interessiert mich einen feuchten Dreck. Ich will wissen, wie wir an ihn rankommen. Unser Boss will das auch endlich wissen. Wie?«, wurde er plötzlich sehr laut, sein Gesicht lief rot an, er beugte sich vor und musterte einen nach dem anderen. »Wer kennt ihn? Wer hat ihn schon einmal zu Gesicht bekommen?« »Wir haben doch schon alles versucht und es bis heute nicht geschafft. Der Kontakt wurde bisher immer entweder über eine dritte Person oder seit den Neunzigern übers Internet hergestellt.«

»Mein Gott, erzähl mir was Neues! Ich will, dass ihr diesen Bastard findet und ihn herschleift. Lebend! Damit ich ihn in seine Bestandteile zerlegen kann.« Er hielt inne, stand auf, ging zum Fenster und wieder zurück, den Kopf gesenkt, um in gemäßigterem Tonfall fortzufahren: »Zugegeben, er hat in der Vergangenheit hervorragende Arbeit geleistet, aber jetzt zieht er ganz offensichtlich sein eigenes Ding durch, und ich habe keine Ahnung, was ihn dazu bewogen hat. Es ist mir auch völlig egal, warum er auf einmal austickt, wichtig ist, dass er aus dem Verkehr gezogen wird. Bei Bruhns hat er uns die Arbeit abgenommen, aus welchem Grund auch immer. Ich kann mir nur vorstellen, dass er von seiner Vorliebe für kleine Mädchen erfahren hat, aber ich habe ihm keinen Auftrag erteilt. Oder war das etwa jemand von euch?«, fragte er in die Runde.

Kopfschütteln.

»Dachte ich mir. Das ergibt alles überhaupt keinen Sinn. Sollte er wegen der Mädchen töten, dann bedeutet das, er weiß auch von unseren Aktivitäten. Irgendwer muss ihm da was gesteckt haben, da bin ich mir sicher. Und dann auch noch Klein. Klein stand zu keiner Zeit für uns zur Debatte, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die beiden sich jemals zuvor über den Weg gelaufen sind, geschweige denn gekannt haben ... Klein hat doch so unauffällig im Hintergrund gearbeitet ... Ich begreife das nicht.«

»Keiner von uns begreift das«, bemerkte einer der beiden Männer, die ihm gegenübersaßen. »Wenn die sich tatsächlich nie begegnet sind und ...«

»Moment«, warf der andere ein. »Kann es nicht sein, dass er den Auftrag von einer ganz anderen Stelle erhalten hat? Erst Bruhns, dann Klein. Bruhns pädophil und für uns gefährlich geworden, Klein, der Lieferant. Hast du schon mal die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass wir es mit einem kleinen Krieg zu tun haben, Schauplatz Kiel? Wir kennen das doch aus der Vergangenheit. Immer mehr drängen auf den Markt, man bekriegt sich, und erst wenn alles bereinigt ist, läuft das Geschäft wieder reibungslos. Nur eine Idee.«

»Und wer um alles in der Welt sollte ihn angeheuert haben? Kannst du mir das auch erklären, du Klugscheißer?«

»Tu mir einen Gefallen und mäßige dich in deinem Ton.

Auftragskiller gibt es viele, es muss nicht unbedingt unserer sein. Ich halte es sogar für ziemlich ausgeschlossen, schließlich weiß er genau, dass wir ihn bis ans Ende der Welt jagen werden. Meine Theorie: Irgendjemand von der Gegenseite will nicht nur in den Handel einsteigen, sondern ihn kontrollieren. Klein war bis gestern unser Hauptlieferant, und wir haben ihm den Rücken freigehalten. Nehmen wir an, Russen, Rumänen oder Albaner wollen den Markt übernehmen, wie würden die vorgehen? Sie würden sich erst mal ein genaues Bild der Lage machen und vor allem Informationen sammeln. Sie brauchten also einen Spitzel, der ihnen diese Informationen zukommen lässt. Dieser Spitzel wäre ausschließlich in unseren eigenen Reihen zu suchen. Ganz neuer Ansatzpunkt, oder?« »Schöne Hypothese. Aber erstens ist es eben auch nicht mehr als das, solange nichts bewiesen ist, und zweitens: Wer soll dieser Spitzel denn bitte schön sein?« »Jeder von uns kommt in Frage, wir drei eingeschlossen.«

»Idiot! Wer außer ihm könnte dann noch in Frage kommen? Gehen wir deine Theorie mal Punkt für Punkt durch: Wer will auf den Markt, oder wer könnte auf den Markt wollen?«

»Habe ich doch eben schon gesagt. Russen, Rumänen, Albaner, aber wir sollten auch die Italiener nicht unterschätzen, deren Gewaltbereitschaft hat in den letzten Jahren enorm zugenommen, nichts mehr mit Don soundso, der sonntags schön brav in die Kirche geht und seine Beichte ablegt, so läuft das bei denen nicht mehr. Die sind in den letzten zehn Jahren extrem brutal geworden und räumen alles aus dem Weg, was ihrem Geschäft schadet. Dann hätten wir noch die ebenfalls nicht zu unterschätzenden Asiaten, allen voran die ganzen Schlitzaugen, aber auch die Inder und Pakis haben dazugelernt. Selbst aus Amiland strömen immer mehr rüber und machen sich hier breit, manchmal scheint es mir, als wären wir der Nabel der Welt. Du kannst sagen, was du willst, aber die Globalisierung ist nicht aufzuhalten, schau dir Berlin oder Frankfurt an, das Organisierte hat die Deutschen längst verdrängt, was uns im Prinzip egal sein kann, solange gewisse Regeln eingehalten werden. Ich würde mich jedenfalls nicht auf unseren Mann versteifen. Was macht dich denn so sicher, dass er es ist? Meines Wissens hat er in den letzten sechs Monaten keinen Auftrag von uns erhalten, weshalb sollte er ausgerechnet jetzt in Kiel sein?«

»Das ist ja alles schön und gut, aber was ist mit der DNA? Sie spricht doch eine eindeutige Sprache ...« Der andere lachte auf. »Da gibt es tausend Mittel und Wege, um so was zu türken. Wenn wir es können und die Leute draußen es uns abkaufen, dann können das auch andere. Außerdem gebe ich zu bedenken, dass die Drapierung von Bruhns und der Steinbauer nicht zu unserem Mann passt. So etwas hat er noch nie getan. Seine Arbeitsweise ist still, unauffällig, perfekt - in manchen Fällen auch mal sehr laut, dass man automatisch an Terroristen denkt. Die Art und Weise, wie Klein plattgemacht wurde, passt erst recht nicht zu ihm. Wie hat er in der Vergangenheit getötet? Er hat die gesamte Palette geboten: erschießen, erdrosseln, erstechen, er hat mit Kontaktgiften gearbeitet, Autounfälle herbeigeführt, zweimal war Sprengstoff im Spiel. Ich kenne keinen aus der Branche, der so variabel ist wie er. Aber eins hat er nie getan, er hat nie jemanden gefoltert. Bei ihm ging immer alles sauber und schnell vonstatten. Genau so, wie wir es wollten.«

»Also gut«, gab der Angesprochene nach. »Schließen wir zunächst mal unseren alten Freund aus, auch wenn mir das mit der DNA Kopfzerbrechen bereitet. Bisher hat er häufig seine DNA hinterlassen, sozusagen als persönliche Duftnote ...«

»Tut mir leid, wenn ich dich unterbreche, aber es war nicht seine, sondern die DNA einer Frau. Was wissen wir denn über ihn? Doch so gut wie nichts. Keiner von uns hat ihn je zu Gesicht bekommen. Ergo wissen wir auch nicht, ob er allein unterwegs ist oder von einer Frau begleitet wird.«

»Ich kenne einige Auftragskiller, und keiner von ihnen arbeitet mit einer zweiten Person zusammen. Das wäre etwas völlig Neues. Die sind allesamt Einzelgänger, weil sie sonst fürchten müssten, irgendwann durch einen Fehler des Partners aufzufliegen. Nee, ausgeschlossen, der arbeitet alleine.«

»Ich halt's trotzdem nicht für unmöglich. Ausnahmen bestätigen nun mal die Regel.«

»Himmel noch mal, mir ist es scheißegal, ob es möglich ist oder nicht, und spar dir deine dummen Sprüche, ich will endlich wissen, mit wem wir es zu tun haben! Wenn das so weitergeht, sehen wir bald sehr, sehr alt aus, sollte er auch noch anfangen, in unseren Reihen zu wildern. Wie steht's um unsere Freunde vom Kl? Die sollen ziemlich hartnäckig sein, wie mir zu Ohren gekommen ist.«

»Die sind raus. Rüter hat den Deckel draufgemacht. Blieb ihm ja auch nichts anderes übrig«, sagte der Angesprochene grinsend.

»Ich find das alles andere als lustig. Kapiert?«

»Sei doch nicht so gereizt, damit lösen wir das Problem nicht. Machen wir's wie immer, analysieren, umhören, einschleusen, den Markt sondieren. Und Informanten befragen.«

»Klar. Um noch mal auf Henning und Santos zurückzukommen, meint ihr, die halten sich dran? Ihr kennt sie besser als ich.«

»Was sollen die schon tun? Von denen ist nichts mehr zu befürchten. Andernfalls finden die sich schneller auf der Straße wieder, als sie gucken können, und dürfen Knöllchen verteilen. Sie stehen unter Beobachtung.« »Also gut, dein Wort in Gottes Gehörgang. Ich lasse mir was einfallen, und ihr denkt ausnahmsweise auch mal mit, wie wir die Kuh vom Eis kriegen. Ich erwarte euch morgen um dieselbe Zeit hier.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ich habe noch einen wichtigen Termin. Ihr kümmert euch persönlich um die Lieferung, die heute Nacht eintrifft. Nehmt aber vorher noch eine Mütze voll Schlaf, damit ihr wach seid. Und jetzt verzieht euch, ich habe vor meinem Treffen noch einige Telefonate zu tätigen.« Um Viertel nach fünf verließ er das Büro, schloss hinter sich ab und ging zu seinem Wagen. Sein Handy klingelte, als er gerade den Motor gestartet hatte. »Ja?«

»Sind Sie schon auf dem Weg?«, fragte der Anrufer mit amerikanischem Akzent.

»Im Prinzip ja. Warum fragen Sie?«

»Weil bei mir leider etwas dazwischengekommen ist. Ist die Leitung sicher?«

»Selbstverständlich.«

»Ich befinde mich noch mitten in einem Meeting, das erst in etwa anderthalb Stunden beendet sein wird. Passt es Ihnen auch etwas später?«

»Wenn's unbedingt sein muss. Wann?«

»Um sieben?«

»In der Hotellobby?«

»Natürlich. Danach gehen wir in mein Zimmer, so sagt man doch, oder?«

»Auf mein Zimmer. Auf, nicht in. Ich bin um sieben im Hotel. Lassen Sie mich bitte nicht zu lange warten.« »Sollte ich mich wider Erwarten verspäten, nehmen Sie einen Drink auf meine Rechnung. Oder auch zwei. Aber ich werde versuchen, pünktlich zu sein.« »Scheißamis«, fluchte er, nachdem er aufgelegt hatte, und beschloss, doch schon jetzt zum Hotel zu fahren und dort an der Bar einen oder zwei Drinks zu sich zu nehmen.

Ab sieben blickte er immer wieder auf die Uhr, um halb acht wurde er wütend und bestellte sich noch einen Wodka Lemon. Um Viertel vor acht ging er zur Rezeption und fragte nach George Hamilton.

»Es tut mir leid, aber Herr Hamilton ist leider nicht auf seinem Zimmer«, antwortete die Dame hinter dem Schalter.

»Er hat doch Zimmer 242, oder?« »Ja.«

»Darf ich fragen, wann er eingecheckt hat?« »Moment«, sagte die Dame und sah im Computer nach. »Herr Hamilton ist gestern eingetroffen. Soll ich eine Nachricht für ihn hinterlassen?«

»Nein danke, nicht nötig. Oder teilen Sie ihm mit, dass ich über eine Stunde vergeblich auf ihn gewartet habe und er mich bitte umgehend kontaktieren möchte.« »Und Ihr Name?«

»Unwichtig. Er weiß schon, wer ich bin. Trotzdem vielen Dank und auf Wiedersehen.«

Er begab sich mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage und betätigte die Fernbedienung, nur ein leises, dezentes Klacken war zu vernehmen, als die Türen entriegelt wurden. Er öffnete die Fahrertür und stieg ein. Er wollte den Startknopf drücken, doch seine Hand fing urplötzlich an zu zittern, er war kaum in der Lage, den Arm zu heben. Alles an ihm zitterte, mit letzter Kraft gelang es ihm, die Krawatte zu lockern, dann fiel er kraftlos zurück in den Sitz. Sein Atem ging schwer, er fragte sich, ob er vielleicht zu viel getrunken hatte, doch es waren nur zwei Bourbon und ein Wodka gewesen. Ihm war übel, aber nicht so, dass er sich hätte übergeben müssen. Mit einem Mal ging die Beifahrertür auf, und ein Mann mit braunen Handschuhen setzte sich neben ihn und zog die Tür zu.

»Hallo, Dieter - oder sollte ich besser Bernhard sagen«, sagte der Fremde mit kaltem Lächeln und klopfte dem Mann hinter dem Steuer auf die Schulter, als wären sie beste Freunde. »Sie sehen schlecht aus, verdammt schlecht sogar. Geht es Ihnen nicht gut?«

Er wollte etwas sagen, doch nur seine Lippen bewegten sich, ohne dass ein Laut seinen Mund verließ. »Soll ich einen Arzt rufen?«

Keine Antwort, nur ein Luftholen, das wie Rasseln klang.

»Nein, ein Arzt könnte dir auch nicht mehr helfen. Es ist dir doch recht, wenn ich dich duze? ... Dachte ich mir. Ich bin George Hamilton, na ja, vielleicht auch nicht. Ich habe viele Namen. Ich bin nur gekommen, um dir mitzuteilen, dass du sterben wirst. Ich weiß, du bekommst alles mit, was ich dir sage, und es wird noch ungefähr fünf, maximal sechs Minuten dauern, bis du tot bist. Deshalb will ich auch keine Zeit verlieren, denn jede Sekunde zählt, im wahrsten Sinn des Wortes. Aber sei mal ehrlich, es ist wahrlich kein Verlust für die Menschheit, wenn du nicht mehr unter den Lebenden weilst. Nach all der Scheiße, die du gebaut hast, siehst du das doch sicherlich ein, oder?« Keine Antwort.

»Oh, entschuldige bitte, ich habe vergessen, dass du ja nicht mehr sprechen kannst. Erst Bruhns, dann Klein und jetzt du. Ich will dir nur kurz erklären, dass du der Dritte auf meiner Liste, aber nicht der Letzte bist. Falls du wissen möchtest, was mit dir los ist, nun, ganz einfach, du bist mit einem Kontaktgift in Berührung gekommen. Ein rein chemisches Produkt, das schon wenige Minuten nach deinem Tod nicht mehr nachweisbar ist. Es geht sofort in die Blutbahn über, und das Üble ist, es gibt kein Gegenmittel, nichts, womit man dir helfen könnte. Dumm gelaufen, was? Und noch etwas zum besseren Verständnis, auch wenn es dir nicht mehr viel bringt, ich bin diesmal in eigenem Auftrag unterwegs, weil ich eure schmutzigen Spielchen erst jetzt durchschaut habe. Na ja, jedenfalls halbwegs, denn mir ist klar, dass ich auch kaum mehr als den Rand des Abgrunds sehe. Alle möglichen Aufträge habe ich für euch erledigt, aber damit ist jetzt Schluss. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr Kinder opfert, um Geschäftspartner zufriedenzustellen, ich wäre schon längst ausgestiegen. Solltet ihr mich jagen und irgendwann erwischen, dann wirst du das garantiert nicht mehr erleben. Hast du mich verstanden? Ich weiß, dass du mich verstanden hast, auch wenn es dich innerlich förmlich zerreißt. Die Katalepsie wird bald vorbei sein, dein Herz wird wie ein Formel-1-Bolide rasen, und dann ist alles aus. Aus und vorbei.«

Er hörte die Worte, aber er war unfähig, sich zu bewegen, als wäre er in seinem eigenen Körper gefangen, sein Blut schien zu kochen und wie Lava durch seine Adern zu kriechen. Er war es gewohnt, kühl und gelassen zu agieren, und mahnte sich zur Ruhe, doch die unbändige Angst vor dem Tod war stärker, vor allem, nachdem ihm dieser George Hamilton unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass er sterben würde. Alles verschwamm vor seinen Augen, die er nicht mehr schließen konnte, weil auch dieser Reflex nicht mehr funktionierte, ihm wurde schwindlig, wie von Hamilton prognostiziert, begann sein Herz zu rasen, Schweiß drang aus jeder Pore, sein Gesicht lief für wenige Sekunden tiefrot an, er wollte um Hilfe schreien, doch nur leises, heiseres Krächzen drang aus seiner Kehle und wurde zu einem seltsam klingenden Röcheln, alles Schreien spielte sich allein in seinem Innern ab. Ein Eisenpanzer war um seine Brust gelegt und wurde immer fester zusammengezogen, bis er keine Luft mehr bekam und sein Herz in immer wilderem Staccato hämmerte, als wollte es seinen Brustkorb mitsamt dem Panzer zersprengen. Ein letztes verkrampftes Aufbäumen und Zucken, dann war es vorbei, und die unnatürlich geweiteten Augen hatten jeglichen Glanz verloren.

George Hamilton alias Hans Schmidt stieg mit versteinerter Miene aus, vergewisserte sich, dass er noch allein war, zog die Handschuhe hoch, holte ein Tuch aus der Tasche, beträufelte es mit einer Flüssigkeit aus einer kleinen Flasche und wischte den Türgriff des BMW ab. Er war zufrieden. Ein letzter verächtlicher Blick auf den Toten, dessen Augen jetzt nur noch einen winzigen Spalt offen standen, bevor er zu Fuß nach oben ging, beinahe unbemerkt die große Eingangshalle durchschritt und sich nach draußen begab. Gut hundert Meter vom Hotel entfernt parkte sein Wagen.

Es war weit nach Mitternacht, als der Tote in dem nagelneuen BMW 760i von einer jungen Frau gefunden wurde, die sich über den reglos dasitzenden Mann wunderte, der in dieser Luxuskarosse zu schlafen schien, wo es doch zu den Zimmern mit den komfortablen Betten nur ein Katzensprung war. Sie trat näher, klopfte ein paarmal an die Scheibe, doch der Mann reagierte nicht. Sie sah die halbgeöffneten Augen, rannte nach oben und erklärte aufgeregt, dass in der Tiefgarage vermutlich ein Toter in seinem Auto sitze. Zehn Minuten später war die Polizei vor Ort und kurz darauf ein Arzt, der nur noch den Tod feststellen konnte.

»Ich möchte mich nicht festlegen, aber nach meinem Dafürhalten ist er einem Herzinfarkt erlegen oder einem plötzlichen Herzversagen«, sagte er nach der ersten Leichenschau. »Er weist keine äußeren Verletzungen auf, es gibt keine Kampfspuren ... Ich stelle einen vorläufigen Totenschein aus mit dem Vermerk >Todesursache unklare Alles Weitere müssen Sie entscheiden, ob er in die Rechtsmedizin kommt oder ob Ihnen meine Aussage genügt.« Nachdem der Arzt sich verabschiedet hatte, riefen die Beamten beim KDD an, die zwei Leute schickten. »Wer ist das?«, fragten sie.

»Dieter Uhlig, vierundfünfzig Jahre alt, Inhaber einer Import-Export-Firma. Mehr geht aus dem, was wir bei ihm gefunden haben, nicht hervor. Wir haben auch nur seine Brieftasche angefasst.«

»Okay, wir kümmern uns um ihn. Habt ihr das Kennzeichen überprüft?«

»Haben wir, ist auf seinen Namen zugelassen.« »Tja, hier sieht tatsächlich nichts nach einem Gewaltverbrechen aus, er wurde so in seinem Auto aufgefunden, der Arzt diagnostiziert Herzinfarkt ... Wir überstellen ihn trotzdem der Rechtsmedizin, dann soll die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob er obduziert wird.« Uhlig wurde mit einem Leichenwagen in das Institut für Rechtsmedizin gebracht, wo er am nächsten oder übernächsten Tag obduziert werden würde oder auch nicht. Ein normaler Todesfall, dessen Bearbeitung nicht sonderlich eilig war.

 

Eisige Naehe
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